Ortseinwohner berichten
Anekdoten und Originale
Jakob in Rußland
Jakob Zecher wurde im Ersten
Weltkrieg an die Front in Rußland kommandiert.
Seine Schwester Luise meinte dazu: Woas winn däi da met oisem Joakob ian
Rußland, der kennt sich doach do goar nit aus, en wääs doch goar ken beschäät.
Wettervorhersage
Wenn man Heinrich Schwarz
(Wacks Heje) nach dem Wetter fragte, so konnte er das immer treffend
voraussagen. Man fragte ihn: Heinrich,
wie wird morgen das Wetter ? - Heinrich blickte zum Himmel und sagte: Also kann
sei es raat, kann aach sei es raat nit.
Vorher ist besser als nachher
Der alte Sichertshäuser
Schäfer Weinholz hütete auf dem Tripp seine Herde. Er hatte einen Lehrjungen dabei, dem er das Schafehüten
beibringen sollte. Als ein
Sichertshäuser Bauer mit seinem Fuhrwerk vorbei kam, sah er, wie der Schäfer
den Jungen furchtbar verprügelte. Er
fragte ihn, warum er den Jungen so schlage.
Ei, antwortete der Schäfer, aech will den fortscheake zaom Schnaps houn,
en do haing ich ihm earscht e geplätz off, weil wann he de Schnapsflasch escht
higeworfe hot, prach aich en naumie se hache.
Die Ruhe ist dem Menschen heilig
Hannes war ein eifriger
Kirchgänger, einmal war er bei der Predigt eingeschlafen. Auf dem Nachhauseweg sagte ein anderer
Kirchgänger zu ihm: Hastja die ganze Predigt verschlafen. Da antwortete Hannes: Ach wäste, do kann ich
wingstens mol ian Rouh mei Nickerche mache, dehem hot mir doach kee Rouh, do
sei dauernd die Flieje o em.
Ein Angler
Hannes hatte die
Anglerprüfung abgelegt und begab sich, mit zwei Angeln und allerlei Kram
ausgerüstet, an die Lahn zum Angeln. Er
legte beide Angeln aus und wartete auf den ersten Biß. Schon nach kurzer Zeit war ein Fisch an
seiner Angel. Aufgeregt sprang er hin
und zog den Fisch heraus, es war ein Aal, der aber zu klein war; deshalb
schnitt er ihn ab und wollte ihn grade wieder ins Wasser werfen, als im selben
Augenblick sich die zweite Angel kräftig durchbog, ein Zeichen für einen großen
Fisch. Hannes sprang hinzu. In der einen Hand hielt er den kleinen Aal,
in der anderen das Messer. Voller
Aufregung warf er das Messer in die Lahn und steckte den Fisch in die Tasche.
Der Schnaps im Erbsenbrei
Der Zweite Weltkrieg war
grade vorbei, und es war die Zeit der Stromsperren. Bei einem Schlachtessen in Sichertshausen freute man sich über
das üppige Mahl mit frischem Fleisch und leckerer Wurst. Sogar eine Flasche Schnaps zierte den Tisch,
und die war damals eine Rarität.
Nachdem man während des Essens schon eine Runde getrunken hatte, ging
plötzlich das Licht aus. Nach kurzer
Zeit kam es aber wieder - und alle wunderten sich, daß die Flasche mitten in
einer Schüssel mit Erbsenbrei stand.
Einer hatte heimlich getrunken und die Flasche ganz sanft wieder
hingestellt. (26)
Spitznamen der umliegenden Dörfer
Hier in unserer Gegend
hatjedes Dorf seinen Spitznamen, und so werden die Ortsbürger genannt:
die Sichertshäuser - die
Dämper (von dampfen oder rauchen)
die Bellnhäuser - die
Kompässe (weil man sich ohne Kompaß in den vielen Gassen Bellnhausens nicht
zurechtfindet)
die Hassenhäuser - die
Suttersäffer (sie haben viele Pfützen im Dorf)
die Oberwälger - die
Gästebeck (die Ziegenböcke)
die Rother - die Wasserhojer
(die Wasserhühner)
die Ruttershäuser - die Kees
(die Käse)
die Staufenberger - die
Zwiwwen (die Zwiebeln)
die Lollarer - die
Schmaadlecker (die Schmandlecker) (26)
Sprichwörter
En goure Kommedierer ias
besser wai en schlächde Ärweder.
Ein guter Kommandierer ist
besser als ein schlechter Arbeiter.
Mer kann e moi e Kouh
versäffe, ouwer nit jeden Doag e Kalb.
Man kann einmal eine Kuh
versaufen, aber nicht jeden Tag ein Kalb.
Ian de letzt Dodd find sich
alles.
In der letzten Tüte findet
sich alles.
E Fraa kann ian de Schirz
mie raustra wai en Mann offem Waa heem foarn.
Eine Frau kann in der
Schürze mehr heraustragen als ein Mann auf einem Wagen heimfahren.
Alles eens noch ein annern,
wai mer dir Klies eßt. Immer eins nach dem
anderen, so wie man die Klöße ißt.
Wann mer vom Fox schwätzt
kimmt er aus'm Loch. Wenn man vom Fuchs
spricht, kommt er aus dem Loch.
Gout gefroistekt spiert mer
de ganze Doag, gout geschlocht des ganze Juhr, gout geheurot des ganze Leawe.
Gut gefrühstückt spürt man
den ganzen Tag, gut geschlachtet das ganze Jahr, gut geheiratet das ganze
Leben.
Wer nit kimmt grit de Kopp
nit gewäsche.
Wer nicht kommt, kriegt den
Kopf nicht gewaschen.
Der ias so domm wai e
Schubmest.
Der ist so dumm wie eine
Schubkarre Mist.
Kompanie ias Loumbanie.
Kumpanei ist Lumpanei.
Wanns Fett raat hodd mer kee
Deppche.
Wenn es Fett regnet, hat man
kein Töpfchen.
Mundartausdrücke
Margilwer = Eichelhäher
Sprin = Star
Dewestußer = Sperber
Hoabch = Habicht
Ummelsch = Amsel
Klätt = Maikäfer
Gääst = Ziege
Watz = Eber
Liannewatz = kastrierter Eber, bei dem nur ein
Hoden entfernt wurde
und der
andere in der
Bauchhöhle liegt
Guatz = Gänserich
Giasterich = Ginster
Vajulche = Veilchen
Metzkoarb = großer Weidenkorb
Rong = Wagenrunge
Wissbaam = Stange auf dem Heuwagen
Steibern = Stützen
Oowaad = Wendestreifen auf Wiesen und
Feldern, Anwand
Herit = Spreuabfall
beim Dreschen
Dilldopch = Kreisel
Dääs = Rauchfang
Steinöl = Petroleum
Schelter = Riegel
Krappe = Haken
Motze = Trachtenjacke
der Frauen
Hieres = kleines Holz, Kartoffeln usw.
Sett = ein
Sud aus Spreu und Rüben
(Viehfutter im Winter)
Setthaus = Sudhaus mit großem Kessel, später Waschküche
Kaffikäppche = Kaffeetasse
Kaffiblättche = Untertasse
Onnern = Nachmittag
Hoingdong = Honigbrot
Klimperchesopp = Milchsuppe
mit Mehlklößchen
Diewes = Bauernfrühstück, Bratkartoffeln
mit Eiern überbacken
Schlauerjugs = Kartoffelbrei mit Sauerkraut als
Eintopf
Wainkoff = Weinkauf, Freitrunk bei einem
abgeschlossenen
Geschäft
Scheusel = tölpelhaftes Weibsbild
Dappes = Depp, ungeschickter Mann
Flärges = Flegel
Orwil = grober
Spaßmacher
Flabch = scherzender,unaufmerksamer Mensch
troabche = hin und her laufen
es ommelt dir = du
spinnst
obsinoat = zimperlich
es kreith = es quietscht
u res = überdrüssig
diwerscht = verkehrt
erkaist = durchgefroren
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Zwei Sichertshäuser Rezepte
Erbsenbrei
Zutaten: 1 Pfd. Erbsen (grün oder gelb), kaltes Wasser,
etwas Salz, 1/2 Pfd. Speck. Erbsen mit Wasser
aufsetzen und unter gelegentlichem Umrühren langsam kochen lassen. Wenn die Erbsen weich sind, rührt man sie
durch ein Sieb. Nun läßt man den Speck
aus und schmeckt die Erbsen mit Salz und dem ausgelassenen Speck ab. Dazu reicht man Sauerkraut und gekochtes
Schweinefleisch.
Schmierkuchen
Zutaten: Teig: 1 Pfd. Brotteig.
Belag: etwa 1 kg Kartoffeln, 1/2 Pfd.
Speck, 1/41 Milch, 4 Eier, Öl, Salz, Pfeffer, Kümmel.
Man kocht die Kartoffeln mit
Schale und pellt sie dann. Nun drückt man
sie durch die Kartoffelpresse.
Anschließend rührt man Milch, Eier, Salz, Pfeffer und Kümmel unter. Inzwischen läßt man den Speck aus und gießt
das Fett und etwas Öl unter die Masse.
Man rührt das ganze zu einem nicht zu dünnen Brei und streicht es auf
das mit Brotteig belegte Blech. Zuletzt
würfelt man noch etwas rohen Speck, den man darüber streut. (26)